Altertum
Im Altertum war es üblich, alle neuen Errungenschaften künstlerisch in Wort und Bild darzustellen. Von Sehhilfen irgendeiner Art ist jedoch nichts bekannt. Bis es zu der eigentlichen Erfindung der Sehhilfen kam, waren viele optische Entdeckungen und Überlegungen verschiedenster Wissenschaftler über einen langen Zeitraum vorhergegangen.
- Der griechische Mathematiker und Physiker Archimedes (287-212 v. Chr.) erfand den Brennspiegel (Reflexion und Bündelung des Lichtes).
- Der Römer Gajus Plinius ( 23-79 n.Chr.) beschrieb die vergrößernde Wirkung von einer mit Wasser gefüllten Glaskugel.
- Der Grieche Claudius Ptolemäus (100-178 n. Chr.) Astronom und Mathematiker beschäftigte sich mit der Lichtbrechung.
- Der Araber Ibn al Haitam (965-1039 n. Chr.) schrieb in seinem Buch über die Lehren der Reflexion und der Refraktion (Lichtbrechung). Bahnbrechend war seine Überlegung das Auge mittels einer geschliffenen optischen Linse zu unterstützen.
- Erst 500 Jahre später stellte Snellius (1581-1626) das Lichtbrechungsgesetz auf.
13. Jahrhundert
Die erste Sehhilfe:
Der Lesestein
Um 1240 übersetze Erazm Golek Vitello das Buch des Arabers Ibn al Haitam’s ins Lateinische. Westeuropäische Mönche griffen das Gedankengut des Arabers auf und fertigten überhalbkugelige Plankonvexlinsen.
Diese erste Lesehilfe wurde mit der ebenen Fläche auf die Schriften gelegt. Man erreicht damit eine erhebliche Vergrößerung, so das alterssichtig gewordene Klosterbrüder wieder lesen konnten. Diese Lesesteine wurden in erster Linie aus Quarz oder Bergkristall gefertigt. Außerdem dienten Halbedelsteine sogenannte Berylle, als Rohmaterial. In diesem Zusammenhang taucht der Name „Brille“ zum ersten Mal auf: Eine aus Beryll geschliffene Linse wurde „Brill“ genannt, zwei so gefaßte Linsen bekamen den Namen „Brille“. Ende des 13. Jahrhunderts begann man die Linsen flacher zu schleifen, man erkannte, daß man ein größeres Blickfeld hat, wenn man die Linsen näher am Auge hat. Eine weitere Verbesserung brachte die Verbindung von einer Linse für jedes Auge. Zur besseren Handhabung setzte man die Linsen in eine Fassung und verband sie miteinander, so entstand die eigentlich erste Brille.
14. Jahrhundert
Die Nietbrille
Diese bestanden aus Eisen, Holz oder Horn, besaßen aber noch keinerlei Befestigung für den Kopf. Man hielt sie einfach vor die Augen. Nietbrillen waren zu dieser Zeit sehr wertvoll und blieben daher,wie viele andere Dinge, nur den Angehörigen und Gelehrten der Reichen zugänglich. Sie ist die erste Brille, die über einen längeren Zeitraum von ca. 400 Jahren hergestellt wurde.
Die erste technische Verbesserung der Brille geschah in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Die bei der Nietbrille einfach aneinander genieteten Teile wurden mittels Bügel bzw. eines Bogen miteinander verbunden.
Die Bügelbrille
Die Schlitzbügelbrille
Die erste technische Verbesserung der Brille geschah in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Die bei der Nietbrille einfach aneinander genieteten Teile wurden mittels eines Bügels bzw. eines Bogens aus elastischem Material miteinander verbunden.
Nach der Erfindung des Buchdruckes von Johann Gutenberg 1445, stieg die Nachfrage der Brille immer mehr an.Um das mühsame Vorhalten der Brille überflüssig zu machen, schlitzte man den Bügel und macht damit den Steg elastischer, so ermöglichte man den behelfsmäßigen Sitz der Brille auf der Nase.
15. – 18. Jahrhundert
Die Mützenbrille
Eine einfache Hilfskonstruktion erlaubte es, die Brille an einer Mütze zu befestigen. Im 15.-18. Jahrhundert wurde diese originelle Art meist von Frauen oder höher gestellten Personen getragen, da diese beim Grüßen fast nie die Kopfbedeckung abnahmen.
Das Monokel
Das Monokel ist eine Weiterentwicklung des Lesesteines, welches man bereits im 13. Jahrhundert findet. Man hielt es über den Text oder vor das Auge, den großen Vorteil es zur Benutzung zwischen Wange und Oberlid zu klemmen, erkannte man erst im 16. Jahrhundert. Richtige Verbreitung erlangte das Monokel aber erst um 1800, als sich die Sehhilfe auch in der bürgerlichen Mittelschicht durchsetzte. Das Monokel wurde zu einer Modeerscheinung und oft zum Ausdruck der Persönlichkeit eingesetzt
Die Stirnreifenbrille
Diese innovative Konstruktion wurde bereits im 16. Jahrhundert entwickelt. Sie bestand aus einem um den Kopf bzw. um die Stirn gelegten Metallstreifen, von dem die Gläser herabhingen. 1797 konstruierte der englische Optiker Dudley Adams eine verbesserte Version der Stirnreifenbrille und beachtete bereits die so wichtige Pupillendistanz (Abstand der Augen zueinander). Bei seinem Patent wurden bereits die Ohren schon als Brillenhalt verwendet.
Im 16. Jahrhundert wurde parallel zur Stirnreifenbrille, auch die Nietbrille verbessert, in dem man die starre Verbindung durch Einbau eines Scharniers ersetzte. Somit entstand die Gelenkbrille.
Der Zwicker
Ebenfalls im 16. Jahrhundert wurde eine weitere Sehhilfe entwickelt, die auch eine weite Verbreitung fand. Der Zwicker war erfunden. Die Fassung des Glases wurde mit einem Federbügel verbunden, der meist aus Eisen oder Kupfer bestand. Etwas später wurde die Nasenauflage mit Lederpolstern versehen, um Druckstellen auf der Nase zu verringern. Die schäbig gewordenen Lederpolster ließen sich meist auswechseln. Die Blütezeit des Zwickers war vom 17.-19. Jahrhundert. Trotz Polster erwies sich der Zwicker als extrem unangenehm für die Nase.
Die Fadenbrille
Man kam Ende des 16. Jahrhunderts auf den Gedanken mit einem Faden die Brille an den Ohren zu befestigen. So entstand die als Fadenbrille bezeichnete Sehhilfe. Diese, auch Pindtbrillen (von Binden) genannten Lesehilfen, hatten ihren wahrscheinlichen Ursprung in Spanien. Jetzt hatte man, nach langer Entstehungsgeschichte der Brille, die Hände frei und festen Sitz, ohne andererseits hohen Druck auf der Nase zu haben. Spanische Missionare brachten die Fadenbrille wahrscheinlich nach Asien, wo sie auch heute teilweise noch Verwendung findet.
Die Scherenbrille
Der Vorläufer des Lorgnon tauchte schon im 15. Jahrhundert auf und wurde als Scherenbrille bezeichnet. Die Fassung wurde wie eine umgekehrte Schere vor die Augen gehalten. Da das Brilletragen zu dieser zeit noch als unfein galt, bewährte sich diese Sehhilfe, da sie schnell hervor geholt und wieder weggesteckt werden konnte.
Das Lorgnon
Auch Lorgnette oder Stielbrille genannt. Das Lorgnon ist eine Sehhilfe mit einem Stiel zum Vorhalten vor die Augen, welche man auch heute noch findet. Den Ursprung des Lorgnon findet man wohl als umgekehrt gehaltene Nietbrille. Im 18. Jahrhundert eroberte das Lorgnon den deutschsprachigen Raum. An der Wende zum 19. Jahrhundert erfreute sich dieses großer Beliebtheit in Frankreich.
In dieser Zeit bekam die Scherenbrille seitlich einen Stiel. Das Lorgnon wurde technisch immer weiter verändert. So ließen sich die beiden Brillengläser zusammenlegen und an den Stiel klappen, durch eine Feder ließ es sich bei Bedarf schnell öffnen. Das Lorgnon wurde meist von Damen benutzt. Man kennt wertvolle, zum Teil aus Edelmetall gefertigte, verzierte Variationen.
Die Ohrenbrille
Die Ohrenbrille erfand man, um den Sitz bzw. den Halt der Brille an den Ohren zu verbessern. Es wurden Metallringe am Stangenende angebracht. Es dauert mehr als 500 Jahre Brillenentwicklung, bis es eine Brille gab mit Befestigung hinter dem Ohr. Um den Tragekomfort zu steigern, entwickelte man besser konstruierte Bügel und Nasenauflagen.
Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurden immer wieder neue Werkstoffe gefunden. In den 40ern eroberten Kunststoffe die Fassungsindustrie. Auch die Brillenlinsen werden aus Kunststoff gefertigt, die so das Brillengewicht reduzieren und damit den Tragekomfort erhöhen. In den 80ern hielt das Leichtmetall Titan bei der Brillenfassungsherstellung Einzug.